Tradition: Der Brezelkönig…

So manch einer wundert sich, wenn eine gut gelaunte Truppe durch die Straßen von Speldorf marschiert und an einem Seil befestigt eine Karre hinter sich her zieht, in der auch noch jemand sitzt. Einige dieser Gruppe tragen dazu noch Holzklumpen mit Stroh. Wahrlich ein merkwürdiger Anblick …. auf dem ersten Blick. Schnell wird jedoch dem Betrachter klar, „es ist September“ und der Turnerbund Speldorf 1895 e.V. feiert wieder seinen traditionellen Klumpenball und derjenige der in der Karre sitzt, ist der Brezelkönig.

Der eine oder andere alte Speldorfer erinnert sich noch an die Entstehungsgeschichte dieser Tradition. Früher hatte Speldorf eine eigene jährliche Kirmes, die Anfang September stattfand. Hier traf sich Jung und Alt und hatte die Tage genossen. Zur Speldorfer Kirmes gehörte auch der Klumpenball, welcher an jedem 1. Montag vom Turnerbund Speldorf ausgerichtet wurde. Am Montag des Klumpenballs ging in Speldorf niemand zur Arbeit. Irgendwann jedoch wurde die Kirmes nicht mehr durchgeführt, was dazu führte, dass sich eine kleine Anzahl von Sportlern des Turnerbunds Speldorfs dazu entschieden hat, diese Tradition mit eigenen Mitteln weiterzuführen. Natürlich waren nicht die finanziellen Mittel vorhanden, um eine komplette Kirmes auszurichten. Trotzdem konnte diese kleine Gruppe es schaffen, ihr eigenes Fest zu entrichten, welches sich an der Kirmestradition orientiert.

Die Idee des eigenen Klumpenballs war geboren. Von diesem Zeitpunkt an bietet der Klumpenball den Speldorfern die Möglichkeit, auch weiterhin im September ihr eigenes „Speldorfer Fest“ zu feiern. Der Höhepunkt jedes Klumpenballs ist das Ausschlagen des Brezelkönigs. Jetzt wird wieder jemand erstaunt fragen, warum ein Klumpenball einen Brezelkönig hat. Nein, es liegt nicht daran, dass bei den Sportlern des Turnerbund Speldorfs das Schlagen an der Tagesordnung ist (der Turnerbund Speldorf ist kein Boxverein). Auch nicht daran, dass kein Turnerbundler richtig tanzen kann, um einen (Klumpen-) König durch einen Tanz zu ermitteln (obwohl sich dieses Gerücht noch heute hartnäckig hält), sondern vielmehr, weil man die alte Tradition des Brezelschlagens weiterführen wollte und hierzu auch die Klumpen gehören. Beim Brezelschlagen wird eine große Brezel mit Schnüren auf ein Holzbrett gebunden und aufgehängt. Jeder Teilnehmer hat drei Schläge zur Verfügung, um mit einem großen Holzknüppel auf die Brezel zu schlagen. Derjenige, bei dem das letzte Stück abfällt, ist dann der Brezelkönig.

Natürlich gibt es beim Schlagen noch ein paar kleine „Gemeinheiten“. Dem Schläger werden die Augen verbunden, weshalb manchmal sogar das Brett verfehlt wird und nicht selten ein Schlag am Brett vorbei in den Blumen landet. Zusätzlich ist an einer Unterkante des Brettes ein Seil befestigt. Mit Hilfe dieses Seiles kann nicht nur das Brett ruhig gehalten, sondern auch beim Schlagen weggezogen werden, was wiederum dazu führt, dass noch mehr Schläge das Brett verfehlen. Der Brezelkönig wird bis zum Ende des Klumpenballs gefeiert. Damit hört aber seine Regentschaft nicht auf. Ein Jahr später wird er morgens von seinen „Untertanen“ zu Hause abgeholt und muss für diese ein Frühstück bereiten.

Die Historie zeigt, dass der König nicht nur aus Speldorf kommt, sondern auch aus anderen Mülheimer Stadteilen. Nachdem alle gestärkt sind kann der Zug losgehen. Der König muss sich auf seinen Königsthron setzen, welcher früher eine einfache Schubkarre war, heute aber ein selbstgebautes Gefährt mit Rädern (dem technischen Fortschritt sei Dank). Die Stärksten müssen das an dem Thron befestigte Seil ziehen. Nun geht es durch die Straßen von Speldorf zum Vereinsplatz des Turnerbund Speldorf 1895 an der Langensiepenstraße 48a. Natürlich müssen sich der König und seine Untertanen zwischendurch etwas stärken, weshalb vorher vereinbarte Zwischenstopps eingelegt werden. Die Zwischenstopps „Lierberg“ und „Apotheke am Lierberg“ gehören natürlich dazu. Am Vereinsplatz angekommen führt der „alte“ Brezelkönig die letzte Amtshandlung seiner Regentschaft durch. Er bedankt sich bei seinem Volk und beweist sich zum letzten Mal als großzügig. Danach hört seine Regentschaft auf, aber der nächste König lässt ja glücklicherweise nicht lange auf sich warten.

Speldorf, August 2010

Brezelkönige TB Speldorf 1895 e.V. (seit 1977)

1977 Heinz Siepman und Lore Dahmen
1978 Rudi Bußmann und Edelgard Kolkmann
1979 Fritz Ufermann und Christa Gerent
1980 Heinrich Sporleder und Edelgard Kolkmann
1981 Werner Dahmen und
1982 Hans-Georg Neuhaus und Ulla Burgardt
1983 Wim Schiffer und Gerda Mühlenfeld
1984 Willi Jäger und Lotte Schmitz
1985 Herbert Kolkmann und Ulrike Wittber
1986 Boris Hitroff und Hiltrud Horst
1987 Jakob Uhlenkott und Marga Hollmann
1988 Hans-Georg Neuhaus und Karin Wennemann
1989 Manfred Tefs und Uschi Splitthoff
1990 Rolf Splitthoff und Cornelia Tefs
1991 Ulrich Wittber und Monika Hitroff
1992 Rüdiger Mierswa und Gisela Dreunning
1993 Jürgen Becker und Doris Rosendahl
1994 Guido Dinkelbach und Steffi Dahlheim
1995 Heinz Siepmann und Edelgard Kolkmann
1996 Karl – Heinz Greuning und Doris Bröckelmann
1997 Walter Gloth und Renate Gloth
1998 Helmut Dahmen und Margret Bleikamp
1999 Günter Hensing und Wiltrud Mierswa
2000 Hans Fritz und Doris van Elten
2001 Karl-Heinz van Elten und Ute Fritz
2002 Rainer Dahlheim und Wiltrud Mierswa
2003 Werner Linneweber und Ada Dörr
2004 Ulrich Mesch und Ulla Burgardt
2005 Wurde kein Brezelkönig ausgeschlagen
2006 Berti Pfau und Regina Zöllner
2007 Wolfgang Terjung und Heike Schmitz
2008 Udo Stankiewicz und Michaela Winkler
2009 Joachim Zöllner und Karin Pfau
2010 Johannes Isenberg und Kirsten Buddenhagen
2011 Markus Helmich & Kristin Motikat
2012 Daniel Kocks & Simone Preuss
2013 Daniel Famula & Christina Tefs
2014 Dirk und Claudia
2015 Frank und Caro
2016 Mario und Maren
2017 Andreas und Christina
2018 Christian und Laura
2019 Max und Laura
2020 Max und Laura (Corona)
2021 Max und Laura (Corona)
2022 Florian und Dirk
2023 Tim und Beate

20 Jahre davor…

Videos zum Brezelkönig